Forschung
Kommunikationstechnik und Hochfrequenztechnik sind eng miteinander verzahnt. Menschen und Maschinen werden immer mobiler, sodass die drahtgebundene Kommunikation, ob elektrisch oder optisch, immer weiter in den Hintergrund tritt. Mobile Kommunikationssysteme der 5. Generation (5G) erlauben (1) ultraschnelle Verbindungen, im Endausbau bis zu 10 Gbit/s, (2) eine sehr hohe Dichte von Teilnehmern. Weltweit sollen 100 Milliarden Mobilfunkgeräte gleichzeitig ansprechbar sein und (3) die Echtzeitübertragung mit Latenzzeiten von unter einer Millisekunde. Weitere Aspekte sind Energieeffizienz und Datensicherheit. Jedes Kommunikationssystem besitzt individuelle Anforderungsprofile. So wird ein einfacher batteriebetriebener Sensor sicherlich keine 10 Gbit/s Datenrate unterstützen. Wenn es sich dann noch um den Temperatursensor in einer Wohnung handelt, ist eine Echtzeitübertragung nicht notwendig, da Updateraten von Minuten z.B. für die Regelung der Heizung ausreichend sind. Allerdings werden zahlreiche dieser Sensoren in einer Wohnung installiert sein, sodass schnell eine hohe Knotendichte entstehen wird. Der Lehrstuhl erforscht in diesem Zusammenhang innovative Konzepte und Komponenten für smarte Kommunikationssysteme, z.B. rekonfigurierbare Filter, abstimmbare Leistungsverstärker und adaptive Antennensysteme. Hierfür wird auf etablierte und neuartige Technologien wie Halbleiter und funktionale Materialien zurückgegriffen, um Hochfrequenzkomponenten und -systeme zu realisieren.
Neben der Kommunikation eignen sich Hochfrequenzsignale auch für die Fernerkundung. Hierbei werden Eigenschaften eines vom Messsensor entfernten Objekts mit Hilfe elektromagnetischer Wellen gemessen. Bekanntestes Beispiel hierfür ist die Radartechnik, welche die Position und/oder Geschwindigkeit eines Ziels messen kann. Neben diesen gängigen Eigenschaften lassen sich jedoch auch andere Eigenschaften wie die dielektrische Signatur oder die Geometrie eines Materials bestimmen. Für diese Systeme gibt es zahlreiche Anwendungsfelder wie hochfrequenzgestützte berührungslose Diagnose- und Behandlungssysteme in der Medizintechnik, drahtlose Sensorknoten, mobile Kommunikationssysteme und Funkortung (Lokalisierung). Neben der Konzeption und Realisierung solcher Systeme sind die Materialanalyse und die Modellierung von hoher Relevanz. Der Lehrstuhl erforscht in diesem Zusammenhang Systeme zur Materialcharakterisierung und -identifikation. Hierfür wird in der Regel auf klassische Verfahren, wie die Impedanzspektroskopie in Kombination mit problemangepassten Sensor-/Aktorsystemen, zurückgegriffen. Die Modellierung der Materialien und die darauf aufbauende Parameterextraktion sind nur einer von vielen Aspekten in diesen Arbeitspaketen.
Im Folgenden stellen wir die aktuellen Forschungsprojekte des Lehrstuhls vor:
Inter-Satelliten V-Band Flüssigkristall Antennen in 3D-Drucktechnologien
Übergeordnetes Ziel dieses Vorhabens ist die Erforschung und anschließende Etablierung mittels additiver Fertigungsmethoden gefertigter Hochfrequenzsystemen für die Satellitenkommunikation. Hierbei werden rekonfigurierbare HF-Frontends mit adaptiven Antennensystemen benötigt. Eine besondere Herausforderung besteht in der Integration der Mikrowellen-Flüssigkristall-Technologie (µWLCTechnologie) mit additiven Fertigungsmethoden. Sehr neue Forschungsergebnisse für die Ansteuerung von Flüssigkristallkomponenten mit hybriden Steuerfeldern in Kombination mit einer durch eine phasenmodulierte elektrische Ansteuerung deutlich vereinfachten Elektronik erlauben erstmals einen insgesamt deutlich optimierten Aufbau von steuerbaren HF-Komponenten und Systemen. Nachdem auch die additive Fertigung von HF-Komponenten den Weg aus den Forschungslaboren in die Wirtschaft gefunden hat, ist der nächste logische Schritt diese beiden Technologien zu kombinieren.
Kooperationspartner
- Tesat-Spacecom GmbH & Co. KG, Backnang
- Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
- Merck KGaA, Darmstadt
- Electro Optical Systems EOS GmbH
Förderung/Projektträger
BOS-Satellitenfunk
In diesem Projekt werden die Bedarfe der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) ermittelt. Aus diesen customer requirements werden in einem weiteren Schritt die technischen Anforderungen herausgearbeitet und mit den technischen Möglichkeiten des Heinrich-Hertz-Satelliten (H2Sat) abgeglichen. Das globale Ziel des Gesamtprojektes liegt auf der Technologieentwicklung und anschließender -erprobung eines neuartigen integrierten Datenmodems für die BOS welches die Anforderungen der Nutzer an eine integrierte Satellitenkommunikation neben dem Regelfall auch den Katastrophen- und den Zivilschutzfall mit einem einheitlichen, selbst-orchestrierten Zugangspunkt abdecken kann. Hierzu werden im Projektverlauf Experten aus unterschiedlichen BOS und weitere Partner eingebunden.
Kooperationspartner
- Prof. Dr. Matthias Hollick, Technische Universität Darmstadt
Förderung/Projektträger
Universal Integrated Console for Ultra-High-Field Magnetic Resonance Imaging (UIC4UHFMRI)
Die Ultrahochfeld-Magnetresonanztomographie ist eine fortschrittliche medizinische Bildgebungstechnologie und spielt eine wichtige Rolle in der Erforschung der Gehirnfunktion und Neurobiologie. Sie ermöglicht Wissenschaftlern, detaillierte Bilder des Gehirns zu erfassen und funktionelle Aktivitäten in Echtzeit zu verfolgen. Dies kann zu einem besseren Verständnis von Gehirnerkrankungen, kognitiven Prozessen und neurologischen Störungen beigetragen. Das technische Ziel dieses Projektes ist die Realisierung einer universellen integrierten Konsole für Hochfeld-MRT-Systeme. Die in diesem Projekt entwickelte MRT-Konsole übertrifft alle bisher kommerziell oder als Eigenbau verfügbaren Systeme und ermöglicht es der OVGU und damit dem Land Sachsen-Anhalt, die Leuchtturmaktivitäten im Bereich MRT und Neurowissenschaften in den kommenden Jahren auszubauen und zu sichern. Ferner bietet das Projekt eine exzellente Möglichkeit der Einbindung in die Hightech-Strategie des Landes Sachsen-Anhalt mit der Ansiedlung von Konzernen der Halbleitertechnologie und Mikroelektronik. Mit UIC4UHFMRI wird die Toolchain vom Design bis zur Systemintegration moderner Halbleiterbauelemente an der OVGU etabliert.